Kurs zur Talentorientierung: Ein Interview mit Pastorin Ursula Kranefuß
Ehrenamtliche oder Freiwillige gewinnen – dazu gibt es heute neue vielversprechende Wege. Denn freiwilliges Engagement ist eine gute Möglichkeit, persönliche Begabungen und Vorlieben wirksam werden zu lassen. Unter dem Begriff „Talentorientierung“ hat das Institut für Engagementförderung einen Kurs erarbeitet. Er geht nicht von den Aufgaben aus, die zu erledigen sind, sondern von den Stärken der Menschen, die etwas tun wollen. Er ist ein Angebot sowohl für Engagierte, als auch für Menschen, die diese Herangehensweise weitergeben wollen. Mehr darüber, wie Menschen das finden, was ihrem Wesen und ihren Erfahrungen entspricht, erzählt Pastorin Ursula Kranefuß, die den Kurs entwickelt hat.
Ursula Kranefuß ist Referentin im Institut für Engagementförderung im Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Hamburg-Ost. Das Institut für Engagementförderung (Ife) ist die Fachstelle für ehrenamtliches/freiwilliges Engagement im Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Hamburg-Ost. Sie bietet Beratung, Begleitung und Wissensvermittlung auf unterschiedlichen Ebenen und für Ehrenamtliche/Freiwillige, Hauptamtliche und Gemeinden/Einrichtungen.
Sie haben gerade den Kurs „Reich beschenkt: Die eigenen Stärken entdecken“ entwickelt. Was bietet er?
Er ist eine Möglichkeit zur Orientierung: Teilnehmende können herausfinden, welche Stärken sie haben und was andere ihnen zutrauen. Der Kurs unterstützt Menschen bei der Suche nach einem passenden Engagement. Langjährig Engagierte finden dadurch leichter eine Möglichkeit, sich vielleicht im Ehrenamt auch mal zu verändern. Fortbildungswünsche können deutlich werden und es können einem Grenzen bewusster werden.
Wie funktioniert das genau?
Der Kurs besteht aus zwei Teilen. Er bietet einen angeleiteten Selbsttest, Gesprächsrunden und die Befragung (mit einem Fragebogen) von zwei Personen aus dem persönlichen Umfeld der Teilnehmenden. Das machen die Teilnehmenden selbst. Dieses „Feedback“ von Bekannten oder Freunden ist besonders wichtig: Wann bekommen wir denn mal von anderen eine wertschätzende, aber auch kritische Rückmeldung zu unseren Gaben und Fähigkeiten? Viele Menschen wissen gar nicht, was andere ihnen zutrauen und werden durch die Rückmeldungen erst an Fähigkeiten und Talente erinnert, die ihnen nicht mehr bewusst waren.
Die gründliche Auswertung mit einem „Stärkenpfad“ und Kurz-Coachings zeigt Stärken, Talente und auch persönliche Leidenschaften – auch Begrenzungen und Entwicklungsbedarfe werden deutlich. Daraus kann eine Richtung für ein Ehrenamt, für die berufliche oder für die persönliche Entwicklung abgeleitet werden. Viele der Teilnehmenden wurden durch diesen Kurs sehr bestärkt. Manche sehen wir später in Fortbildungen oder in ihrem neuen Ehrenamt wieder. Andere sind beruflich auf gute Ideen gekommen und fühlten sich ermutigt, einen neuen Schritt zu wagen. Es ist beglückend, das mitzuerleben!
Was ist denn das Besondere an diesem Ansatz?
Meist haben Verantwortliche in Gemeinden oder Projekten den Eindruck: „Wir brauchen dringend neue Ehrenamtliche!“ Den anstehenden Aufgaben gilt dabei die ganze Aufmerksamkeit.
Konzepte der Freiwilligenarbeit, die sich an den Stärken orientieren, schauen erstmal auf die Menschen, die sich engagieren wollen. Hier werden zu Anfang keine Aufgaben, sondern offene Fragen gestellt: Was können Sie? Was wollen Sie? Was trauen andere Ihnen zu? Erst im zweiten Schritt ergeben sich Tätigkeiten und konkrete Aufgabenbeschreibungen, die im Idealfall mit den Engagierten gemeinsam entwickelt werden. Die Einrichtung oder Kirchengemeinde gibt dabei einen Rahmen.
Dies erfordert die Bereitschaft der Einrichtung, sich mit den Engagierten und ihren Gaben zu verändern. Manchmal zeigt sich, dass ein Engagement an einer anderen Stelle besser passt. Dann braucht es den Weitblick, Menschen an den Ort zu vermitteln, wo sie mit ihren Talenten richtig sind.
Wie wirkt ein solcher Ansatz?
Jeder kennt das: Längerfristig und nachhaltig engagiere ich mich, wenn die Tätigkeit „Spaß“ macht und wirklich zu mir passt! Das ergeben auch Befragungen von Freiwilligen im Blick auf ihre persönliche Motivation. Ehrenamtliche wollen das Engagementfeld aktiv mitgestalten und das Gefühl haben: Hier bin ich mit dem was ich kann und will genau richtig! Das funktioniert, wenn Freiwillige eine gute Selbsteinschätzung haben und wenn gleichzeitig die Rahmenbedingungen für das Engagement unterstützend sind. Ein stärkenorientierter Blick auf das Ehrenamt verändert Einrichtungen: Freiwillige werden wirklich gemäß ihrer Gaben und ihrer Freude an einer Aufgabe zusammengebracht. Das wirkt nachhaltig und erhöht die Lust am Engagement und damit auch die innere Verbundenheit und die Qualität der Arbeit. Im Blick auf den Umgang mit Aufgaben gibt es natürlich weitergehende Fragen, zu denen wir eine hilfreiche Broschüre erstellt haben.
Wie kann man den Kurs durchführen?
Das Material zum Kurs kann bei uns im Institut bestellt werden. Es gibt Mappen mit den Seminarunterlagen für Teilnehmende und Material-Mappen für Kursleitende. Die Vorbereitungen, einzelne Schritte des Kurses und konkrete Moderationen sind ausführlich beschrieben. Die Kursleitung sollte mit der Leitung von Gruppen vertraut sein und Erfahrung im beratenden Einzelgespräch mitbringen. Bewährt haben sich Kurse mit 8 bis 12 Teilnehmenden.
Kurse für Kursleitende bieten wir im Institut regelmäßig an. Für die Durchführung vor Ort vermitteln wir auch Kursleitende oder unterstützen die Kursleitung selbst als Referenten.
Wenn jetzt jemand neugierig wird, was raten Sie ihr oder ihm?
Nutzen Sie unseren nächsten Kurs! Sie sind herzlich eingeladen. Oder sprechen Sie mich direkt an.
Ansprechpartnerin:
Pastorin Ursula Kranefuß
Tel: +49 40 519000-852
u.kranefuss@kirche-hamburg-ost.de
Zur Broschüre „Klipp+Klar“ Nr. 7 Frag mich! (2015)
Der nächste Kurs für Teilnehmende findet am 10. und 24. November jeweils 16 bis 20 Uhr im Freiwilligennetzwerk Harburg, Hölertwiete 5, 21073 Hamburg statt. Anmeldung bis spätestens 3. November an info@ife-hamburg.de. Es stehen insgesamt 8 Plätze zur Verfügung.