Netz-Werk-Arbeit
„Netz-Werk-Arbeit – von Vielen für Viele verantwortet, partizipativ und pluralistisch – ist ein Abenteuer, eine Herausforderung. Sie ist ein Weg, freiwillig, selbstbestimmt, partizipativ, kompetenzorientiert, ressourcenorientiert und wertschätzend kirchliche Engagementförderung zu leben“, sagt Dr. Jutta Meyer. Die Leiterin der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Erwachsenenbildung der Nordkirche erläutert, warum netzwerken wichtig und sinnvoll ist.
Netzwerke haben Konjunktur: Die flachen Hierarchien der Netzwerke, ihre offene Struktur, in der jede Akteur*in ihre eigenen Interessen vertritt und dadurch zum Gelingen des Ganzen beiträgt, sind unaufgebbarer Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft geworden. Transparenz, bereichsübergreifendes, innovatives Denken, ein erweitertes Angebotsspektrum sind nur einige Gründe ihrer erfolgreichen Arbeitsweise. Sie übersetzen im Idealfall den Anspruch an eine vertrauensvolle, engagierte, partizipative und zielorientierte Zusammenarbeit der Akteur*innen auf Augenhöhe in die Wirklichkeit haupt- und ehrenamtlicher Arbeit.
Wie bildet sich eigentlich ein Netzwerk?
Am Anfang einer Zusammenarbeit in einem Netzwerk, steht der Bedarf einer oder mehrerer Akteur*innen nach Austausch und Kooperation. Viele Aufgaben können heute kaum mehr von einem einzelnen Menschen oder einer einzelnen Einrichtung bewältigt werden. Verschiedene Kompetenzen, verschiedene Perspektiven sind von Nöten, um ein „Problem“ zu lösen: sei es, ein Gemeindefest zu organisieren oder Ehrenamtliche für die Mitarbeit in kirchlichen Gremien zu gewinnen und weiterzubilden.
In der oft unbewusst initiierten Gründungsphase wird durch die gezielte Ansprache von Menschen der Kreis der Interessierten groß und größer (Schneeballsystem). Wichtig ist es, nicht nur die „alten Bekannten“ anzusprechen, sondern auch unbekannte Menschen, die neue Perspektiven und Idee mitbringen.
Welche Faktoren machen es aus?
Ein erfolgreiches Netzwerk ist immer auch „multikulturell“ aufgestellt und repräsentiert eine Vielzahl unterschiedlichster Kompetenzen und Meinungen. Das bedeutet auch, dass es keinen denkenden oder leitenden „Kopf“ des Netzwerkes gibt, sondern eine Moderator*in/Koordinator*in. Sie gewährleistet demokratische und partizipative Entscheidungsprozesse innerhalb des Netzwerkes sowie den kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten. Das ist nicht immer ganz einfach…
Und wie kann es gelingen?
Das Bedürfnis, die eigenen Kompetenzen zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig von Anderen neue Kompetenzen erlernen zu wollen, ist die Basis, auf der sich jene Beziehungen aufbauen lassen, die ein Netzwerk ausmachen: Es sind sozusagen „win-win-Beziehungen“ für jede Akteur*in.
Ist dann also „Netzwerk“ nur ein neuer Name für die uralten beruflichen und privaten Beziehungen zwischen Menschen, die von jeher soziales Leben ausmachen? –
Nein, so ist es nicht. Auch wenn sich die Akteur*innen eines Netzwerkes auf eine win-win-Beziehung freuen können und sie ihre eigenen Interessen vertreten, gehört zu einem gelingenden Netzwerk weit mehr:
Die Interessen der Einzelnen, sind bezogen auf ein Ziel, das mit dem Netzwerk erreicht werden soll. Dieses Ziel kann temporär oder dauerhaft, kurzfristig oder langfristig zu erreichen sein. Wesentlich ist: Es wurde von allen Akteur*innen gemeinsam gefunden oder anerkannt! Dieses Ziel und das dahinter stehende Leitbild des Netzwerks sind die gemeinsame Basis für Orientierung, Integration, Entscheidungsfindung und Koordinierung der Arbeit. Ein Netzwerk unterscheidet sich also wesentlich von der Arbeit in einer sozialen Gruppe, deren Beziehungen vorrangig emotional geprägt und nicht koordiniert sind. Aber auch für das Netzwerk sind das Vertrauen zwischen den Beteiligten und die Identifikation mit dem Ziel und der Gestaltung des Netzwerkes die wichtigsten Erfolgsfaktoren!
Wenn wir von einem „Netzwerk“ sprechen, steht uns in der Regel ein Spinnennetz, ein Fischernetz oder für diejenigen, die computeraffin sind, die Graphik eines Computernetzwerkes vor Augen. Durch Knotenpunkte sind die Fäden verbunden. Sie sind das Netz, das Werk – von einer Person, einer Spinne geknüpft. Die Funktion eines Netzwerkes ist es, ein Ding, ein Tier, einen Einkauf festzuhalten. In einem sozialen Netzwerk sind diese Fäden die Beziehungen zwischen den beteiligten Menschen. Sie selbst knüpfen das Netz, geben ihm Form und Halt. Die Gestaltung von Beziehungen – die Kommunikation – ist so vielfältig und bunt wie wir Menschen. Diese Farbigkeit, gilt es zu bewahren und gleichzeitig sollten die Beziehungen der Akteur*innen untereinander benannt und aktiv gestaltet werden: Was verbindet sie ganz konkret? Über welche für das Ziel des Netzwerkes relevanten Inhalte kommunizieren zwei oder mehrere Akteur*innen miteinander? In welche übergeordneten Arbeitsprozesse sind diese Akteur*innen eingebunden? Und wie können die hier gewonnen Informationen weitergegeben werden, so dass die Ergebnisse für das gesamte Netzwerk sichtbar werden und verwertbar sind? In der Kommunikation, dem Austausch der Akteur*innen untereinander (Informationen, Dienstleistungen), wird das Netzwerk sichtbar. Es entwickelt in gemeinsamen Regeln, gemeinsamen Arbeitsabläufen, gemeinsamen Entscheidungsprozessen seine Identität. Daher ist es wichtig, gemeinsame Regeln für die Kommunikation und die Zusammenarbeit aufzustellen.
Netz-Werk-Arbeit – von Vielen für Viele verantwortet, partizipativ und pluralistisch – ist ein Abenteuer, eine Herausforderung. Sie ist ein Weg, freiwillig, selbstbestimmt, partizipativ, kompetenzorientiert, ressourcenorientiert und wertschätzend kirchliche Engagementförderung zu leben.
Dr. Jutta Meyer
Leiterin der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Erwachsenenbildung der Nordkirche
jutta.meyer@erwachsenenbildung.nordkirche.de
+49 381 377987-291